The Rangers

Ich hatte einen älteren Nachbarn, Herr Schuder, der nachts in Bars Gitarre spielte – irgend so'n Jazz. Der aber außerdem auch noch gut als Elektriker war und Verstärker selber bauen konnte und sogar ein Echogerät. Und alles für einen erschwinglichen Preis. Das waren Spanplattenboxen mit DC-Fix beklebt, die oben einen Koffergriff draufgeschraubt hatten (siehe oben auf dem ersten Foto zwei Stück hinten an der Wand). Sie sahen eigentlich mehr oder weniger wie ein Heizlüfter aus. Aber sie funktionierten und das Echogerät war wirklich faszinierend. Ich konnte einen Ton auf der Gitarre spielen und aus dem Lautsprecher kamen drei, vier oder fünf Töne heraus – je nachdem, wie ich das vorher eingestellt hatte - so dass es wirklich wie ein Echo klang. Mit dieser Ausrüstung kam es dann auch zum Bandstand in der Aula unserer Schule.
Wir waren alle miteinander befreundet, Dieter und Wuffi von den Lightnings, Axel von Donald and his Nephews und ich von den Rangers, deshalb war es keine wirkliche Konkurrenz untereinander, zumindest nicht unter uns vieren.
Die Lightnings hatten schon die Höfner-Gitarren aus dem Schaufenster vom Musikhaus am Zoo und ein echtes Echocord von der Firma Dynacord, nichts selbstgebasteltes. Und einen echten Dynacord-Verstärker – weiß der Himmel, woher die das Geld hatten (wahrscheinlich sponsored by Oma).
Axel hatte eine selbstgebaute Laubsägegitarre und ich meine Framus Sorella und zwei Heizlüfter.

Was wir damals für Stücke spielten weiß ich heute nicht mehr – die Lightnings spielten auf jeden Fall Cliff Richard & The Shadows - Sachen, z.B. MOVE IT. Die Aula war brechend voll, praktisch die ganze Schule war anwesend, um die jeweiligen Favoriten anzufeuern und es machte uns – bei allem Lampenfieber (wir waren ja alle zum ersten Mal auf einer Bühne!) einen großen Spaß.

Abgeräumt haben bei diesem Bandstand aber andere, ganz unerwartet. Es gab nämlich noch mehr Leute an unserer Schule, die Musik machten, ein Instrument gelernt hatten und auch singen konnten (wovon wir bis zu diesem Tage nichts wussten)!
Er war dermaßen gut, was man dann auch am tosenden Beifall merkte. Aber das wurde sogar noch getoppt!

Plötzlich erschienen zwei ältere Typen – 13. Klasse oder so – mit zwei Wandergitarren (!) und fragten, ob sie außer Konkurrenz mal was singen dürften. Durften sie natürlich! War ja klar. Und dann sangen die hintereinander mehrere Stücke von den Everly Brothers – ohne Echogerät, ohne Fender Stratocaster, ohne überhaupt alles, was unserer Meinung nach damals zu einer Band unbedingt dazu zugehören hatte. Sie sangen so lupenrein das Original von All I Have To Do Is Dream und auch Bye Bye Love, dass wir nur noch mit offenem Mund staunend lauschen und danach heftig klatschen konnten.

An dem Tag habe ich zum ersten Mal deutlich mitbekommen, dass technische Ausrüstung nicht alles ist.