The Team Beats

Zurück nach Rendsburg!
Die Situation dort war für mich wie ein Traum. Wir wurden gefeiert, sehr gut bezahlt, konnten essen und trinken was und wieviel wir wollten und hatten die Mädels. Herz, was willst du mehr! Kein Vergleich zu den Flying Stars und dem Playmate!
Selbst unser Manager Kahli hatte da mal eine – na sagen wir mal, eine weibliche Begleitung. Obwohl er sich eigentlich fast nur mit Rex Gildo-Typen umgab und wir nie so genau wussten, wie wir das deuten sollten. War er vielleicht schwul? Wäre bei uns kein Problem gewesen. Aber er sagte nie was und das war dann auch okay.
Bei Atze waren wir uns auch nie so ganz sicher. Er war im Hauptberuf Dressman bei Heinz Oestergaard. Eigentlich damit prädestiniert für die Schwulenszene, aber er sagte nie was dazu und wurde andererseits auch mit Frauen gesehen. Einmal haben wir ihn nachts in einem Hotelzimmer in München überrascht, wie er da auf dem Doppelbett mit irgendeiner Perle saß und Karten gespielt hat! Das hat die Gerüchteküche natürlich wieder mächtig angeheizt.

Wir waren Freunde, die gemeinsam Musik machten. Das war eine Situation, die nicht unbedingt in allen Bands vorherrschte. Die Freundschaft stand im Vorgrund. Da hätte ein – na sagen wir mal, weitaus besserer Musiker, als einer von uns es war, auftauchen können – er wäre nicht genommen worden. Wir waren uns unserer sicher.

Zu dieser Konstellation passte natürlich auf Dauer niemand wie Joey H. Soundso. Wir spielten zum letzten Mal mit ihm auf einem Bandwettbewerb in der Neuen Welt drei Tage lang, der von irgendeiner Zeitung veranstaltet worden war und wo wirklich massenweise Bands gegeneinander antraten.
Da spielten u.a. Drafi and The Magics, The Rollicks, The Rebel Guys und wir natürlich. Wir hatten uns noch rechtzeitig vorher die Lurexjacketts von den Rebel Guys mit denen wir befreundet waren, (Butschi studierte mit einem von ihnen zusammen Grafik und Design) geliehen und Joey machte auf Jerry Lee Lewis und Chuck Berry... Drafi habe ich mir natürlich noch angehört – er war auch hier phänomenal! Gewonnen haben dann am nächsten Tag die Rollicks.

Da unsere Band auf Freundschaft beruhte und wir nun dringend einen Sänger brauchten, fiel mir ein, dass ich ein paar mal einen Thomas Goldmann mit einer Band im Wedding im Western Saloon gehört hatte, der ziemlich original Cliff Richard singen konnte. Auch gerade persönlich hatte ich einen sehr angenehmen Eindruck von ihm gewonnen! Thomas spielte auch Gitarre dazu. Die Team Beats baten mich, Thommy mal zu fragen und ggf. gleich auf Herz und Nieren zu testen, was ich dann auch bei einem Treffen mit ihm bei mir – ich wohnte noch zu Hause bei Eltern und besagter Oma Ella – machte. Thommy gewann dann auch sofort die Sympathien aller Bandmitglieder.

Da Thommy ja ganz gut Gitarre spielte und sich selber gut beim Singen begleiten konnte, die jeweiligen Bassisten andererseits nie tiefer in die Freundschaftsdimensionen vorgedrungen waren, tauchte auch bald die Frage auf, ob wir nicht besser Atze als Bassisten einsetzen könnten. Atze selber war damit einverstanden und würde das schon schaffen. Von dem Tag an war die Band komplett. Der Bassist wurde verabschiedet und wir übten mit Thommy am Gesang. Wir anderen, also Olaf, Atze und ich hatten auch schon ganz gut das Singen geübt, und so übten wir schon mal mehrstimmigen Gesang mit Thommy, und anfänglich zumindest viel Backgroundgesang. Das ging im Laufe der nächsten Monate und Jahre soweit, dass wir drei sogar als Hauptsänger eine ganz gute Figur machen konnten. Alle – bis auf Butschi – konnten also singen und Gitarre oder Bass spielen und Olaf spielte Klavier und Mundharmonika.

Apropos Klavier:
Eines Tages bekam Olaf eine - von uns sogenannte saxofonklangähnliche Orgel. Das war ein merkwürdiges Eigenbaukonstrukt, das auch Herr Schuder bestimmt hätte herstellen können. Das Ding wurde zum Jugendheim Rathausstraße gebracht, in einem kleinen Nebenraum zu unserem Übungsraum aufgebaut und harrte nun ihrer Einweihung.

Unglücklicherweise hatte unser Manager zur gleichen Zeit mit einem anderen Manager vereinbart, dass jener mit seiner Sängerin, die eine Band für ihre erste Platte suchte, zu uns kommen sollte, um mit ihr und uns das Stück einzustudieren. Die Sängerin hieß Manuela und das Stück war – wie wir später uns immer amüsierten – irgendwas mit Bossa Nova und Schuld. Wir waren aber an diesem Tag nun mal viel mehr an dieser neuen Orgel interessiert und wie sie klang und was man mit der alles machen konnte und so. Und da die Überei mit besagter Manuela sich etwas zähflüssig entwickelte, wanderte nacheinander der eine oder andere der Team Beats klammheimlich mal rüber in den Nachbarraum, um die Orgel zu bestaunen.

Irgendwann kriegten sich beide Manager schimpfend in die Haare und der eine verschwand dann wieder mit seiner Manuela. Unser Manager war sauer auf uns, aber wir hatten ja nun ein neues Kind in unserer Band: Die saxofonklangähnliche Orgel! Viel später bekam Olaf dann mal eine richtige Orgel, eine Farfisa Compact.
Die Farfisa hatte eine Hallspirale mit der man durch Hin- und Herneigen der Orgel einen höllischen Krachsound hinbekam – so ungefähr musste sich das vom getauchten U-Boot aus angehört haben, wenn beim torpedierten gegnerischen Frachter die Schotten brachen. Mit diesem Soundeffekt konnten wir das Stück Totenschiff (Enchanted Sea) spielen, das wir schon oft von den Boots gehört und genossen hatten. Ein schönes, melancholisches Stück, manchmal unterbrochen durch brechende Schotten...

Einmal hatten wir einen Auftritt sozusagen als Special Guests im Titania-Palast in Steglitz zu den Brigittentagen (von der Frauenzeitschrift Brigitte). Das war noch in den Anfangstagen, als dem Durchschnittsbürger West-Berlins die Beatmusik und vor allem deren langhaarige Vertreter noch sehr suspekt waren.
Was sich da inhaltlich auf dieser Veranstaltung abspielte kann ich gar nicht sagen, aber zumindest war unten vor der Bühne sowas wie ein riesiger Kinosaal mit vielen Reihen Kinositzen hintereinander, der auch brechend voll war. Alles Hausfrauen sozusagen. An Männer im Publikum kann ich mich gar nicht erinnern.
Na jedenfalls spielte da die Hausband Hans Karbe und seine Solisten und wir sollten quasi als Überraschungs-Showact zwischendurch vorgeführt werden O-Ton, „Wir zeigen Ihnen jetzt mal eine typische Beat Band!“ Die damals durchaus manchmal hinzugefügte Bemerkung „Die Haare sind aber gewaschen und die Jungs sind auch ganz nett!“ wurde vom Conférencier hier mal nicht gemacht.

Vorher, während der Generalprobe, hatte das Bühnenfactotum überall Kreuze mit Bühnenfarbe auf den Bühnenboden gemalt - wer von uns nun wo zu stehen hatte bevor es losgehen sollte und wo die Verstärker und das Schlagzeug sich gefälligst zu befinden hatten. Die Mikrofone waren ja weit vorne an der Reling zum Publikum hin. Unser Manager wollte noch die genaue Position des Schlagzeugs markieren in dem er sich den Farbeimer nahm und groß und deutlich Butschi hinschrieb, aber nee, der knorrige Bühnenmeister entriss ihm Farbtopf und Pinsel.
"Kreuze reichen!" Diese offenbar schon langjährig mit der Materie beschäftigten wie dieser Bühnenarbeiter – oder noch schlimmer später die Toningenieure in den Plattenstudios, ließen ihren täglichen Routinejob so ablaufen wie immer schon, egal ob sich die Bedingungen von außen geändert hatten, oder nicht. Eine echte Beat Band mit so einem Schlagzeug wie Butschis hatte er wohl noch nie vorher gesehen, aber das wurde in seinen Alltagstrott einfach eingebaut, basta!

Geplant war dann folgender Ablauf: Nachdem der Conférencier draußen vor dem Vorhang eine umfangreiche Ankündigung gemacht hatte und den Hausfrauen erklärt hatte, was da nun auf sie zukommen würde, sollte Butschi schon mit dem Schlagzeug anfangen, dann sollten wir mit den Gitarren, Bass und Orgel einsetzen und wenn der Vorhang dann aufging würden wir drei vorne mit unseren Gitarren an die Reling und die dortigen drei Mikrofone rennen und anfangen zu singen – Route 66 oder sowas in der Richtung – also praktisch ein Überraschungsangriff auf die Hausfrauen da unten.

Gesagt, getan, Butschi trommelte los, wir griffen in die Klampfen und rannten durch den gerade in der Mitte des Vorhangs aufgehenden Spalt als Dreierreihe an die Reling und fingen an zu singen und plötzlich war kein Schlagzeug mehr zu hören!
Da hatte der riesige, schwere Vorhang beim sich Zusammenräufeln immer größere und weitere Schlaufen geschlagen und hatte das Schlagzeug mit voller Wucht in die Garderobe gefegt! Butschi konnte gerade noch in letzter Sekunde Snare und Hihat festhalten, mit denen er dann das Stück irgendwie über die Runden brachte. Tosender Beifall! Meine Mutter hatte sich heimlich auch eine Karte gekauft und saß im Publikum, hat sie mir später erzählt, und die haben alle gedacht, dass das mit zu unserer Show gehörte!